Die Seeheimer Historie
„Dies ist kein konspiratives Treffen und keine Gründungsversammlung.“
Diese einführende Bemerkung Hans-Jochen Vogels, die er Anfang September 1974 gegenüber etwa 40 Genossen im Dorint-Hotel in Lahnstein machte, sollte sich im Nachhinein als Irrtum erweisen. Denn diese Runde gilt heute als Gründungstreffen der Seeheimer. Schon im Vorjahr hatte sich dort auf Einladung von Hans-Jochen Vogel das erste Mal ein Kreis von etwa 40 Sozialdemokraten getroffen, um gegenüber linken, marxistisch gesinnten Strömungen innerhalb der SPD aus der „theoretischen und ideologischen Defensive“ herauszukommen. In der Tradition des Godesberger Programms wollte diese Gruppe die Orientierung der SPD an der politischen Mitte sowie den Kurs einer regierungsfähigen Volkspartei erhalten. Die Partei befand sich zu dieser Zeit in einer schwierigen Lage; bei den Landtagswahlen 1974 hatte sie deutliche Stimmverluste hinnehmen müssen und war zudem von Flügelkämpfen zwischen dem „Godesberger Flügel“, der am Godesberger Programm der SPD als linke Volkspartei festhielt, und der sogenannten „Neuen Linken“, die Begriffe wie Klassenkampf und Systemüberwindung wieder in die politische Diskussion einbrachte, geschwächt. Hans-Jochen Vogel schrieb dazu 1974, es fehle vor allem der Gegenseite zu diesen neuen linken Strömungen in der SPD an einem „organisatorischen Kristallisationspunkt“. Ein solcher sollten im Folgenden die Seeheimer werden.
Bereits in den 50er Jahren hatte sich die Gruppierung der Kanalarbeiter – ein loser Zusam-menschluss von SPD-Abgeordneten um Egon Franke und Annemarie Renger – gebildet, auch beschrieben als „Freunde sauberer Verhältnisse“. Seit 1929 Mitglied der SPD, gehörte Franke neben Annemarie Renger in seiner Heimatstadt Hannover zu einem der engsten Mitar-beiter Kurt Schumachers. Die Kanalarbeiter legten besonders viel Wert auf ihr ausgeprägtes Zusammengehörigkeitsgefühl und trafen sich ab 1961 einmal jährlich zum Spargelessen auf dem Rhein, eine Tradition, die noch heute existiert und als Seeheimer Spargelfahrt jeden Frühsommer auf dem Berliner Wannsee stattfindet. Der Sinn für Gemeinsamkeit konnte aber auch in ein politisches Instrument umschlagen: Die Kanalarbeiter hatten eine große Mehrheit unter den Abgeordneten und stellten zwischen 1957 und 1961 bis zu zwei Drittel der Bundestagsfraktion. Sie gingen schließlich zusammen mit anderen, pragmatischen Strömungen innerhalb der SPD im Seeheimer Kreis auf. Darunter war der nach seinem Gründer Günter Metzger benannte Metzger-Kreis, der parallel zu den Kanalarbeitern, dem Arbeits-kreis Linke Mitte, dem Fritz-Erler-Kreis und weiteren Gruppierungen den Godesberger Flügel stellte.
In den Folgejahren wurde der Seeheimer Kreis zunehmend organisiert und einflussreich und unterstützte die Regierung Helmut Schmidts – selbst ein ausgewiesener Vertreter des Godesberger Flügels. Im ersten und mehr noch im zweiten Kabinett Schmidt waren mehrere Seeheimer (u. a. Hans-Jochen Vogel, Hans Apel, Antje Huber und Georg Leber) vertreten, ebenso im dritten. Die Unterstützung des Kanzlers und seiner Regierung war eines der wichtigsten Prinzipien der Seeheimer. In dieser Zeit bestimmten aber auch neue Inhalte die Politik. Vor dem Münchner Freundeskreis der Seeheimer erklärte der Politologe Richard Löwenthal, die Zeit der Debatten über den Neomarxismus in der SPD neige sich dem Ende zu. Die neuen Diskussionsfelder seien vielmehr die Fragen zur Kernenergie, den Wachstums-grenzen, der Umweltgefährdung und der Lebensqualität. „Menschliches Wachstum, Energiekrise und sozialdemokratische Politik“ lautete so auch das Motto der Tagung des Seehei-mer Kreises im Juni 1979 im Lufthansa-Schulungszentrum Seeheim. Herbert Ehrenberg betonte in seinem Referat „Pflicht des Sozialstaats: Vorsorge für humanes Wachstum“, dass der „Kampf für eine humane Entfaltung der menschlichen Produktivkräfte“ immer elementarer Bestandteil sozialdemokratischer Tradition gewesen sei.
Aber auch in anderen politischen Themenfeldern konnte sich der Bundeskanzler auf die Seeheimer verlassen. Neben weltpolitischen Themen wie der Stationierung der SS-20-Raketen durch die Sowjetunion und deren Einmarsch in Afghanistan war auch das Thema Kernenergie einer der zentralen Punkte des Berliner Parteitags im Dezember 1979. In beiden Punkten gelang es Helmut Schmidt auch mithilfe von Seeheimern, für seine Linie Mehrheiten auf dem Parteitag zu erlangen. Man stimmte der westlichen Nachrüstung zu, um das atomare Gleichgewicht zu erhalten – und kündigte gleichzeitig konkrete Vereinbarungen über eine Begrenzung der Rüstung an.
Die Themen der Seeheimer waren die Themen der Zeit. Ihre Positionen zur Industrie- und Ökologiepolitik deckten sich in der zweiten Hälfte der 70er Jahre weitgehend mit denen der Gewerkschaften. Das Einhergehen von Wirtschaftswachstum und friedlicher Nutzung von Kernenergie stand für die Seeheimer immer im Mittelpunkt ihres Handelns. Dieser Standpunkt wurde allerdings nicht in der ganzen Partei vertreten, innerparteilich verliefen die Konfliktlinien quer durch die Mitgliedschaft. Diskussionen über alte und potenzielle neue Wählerschaften entbrannten. Eine Gruppe um Annemarie Renger, damals Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, und Richard Löwenthal, damals stellvertretender Vorsitzender der SPD-Grundwertekommission, entwickelte daraufhin ein Papier zur „Identität und Zukunft der SPD“, das sich mit dem Verlust der Jung- und Stammwähler beschäftigte und die grund-sätzlich negative Beurteilung der Industriegesellschaft in Verbindung mit dem Umweltschutz als eine Art Ersatzideologie anprangerte: „Die Zukunft der Sozialdemokratie hängt von der klaren Herausstellung ihrer Identität als einer Partei der demokratischen und sozialen Fortentwicklung der arbeitsteiligen Industriegesellschaft ab.“ Eine heftige Kritik Willy Brandts war die Folge der Veröffentlichung. Helmut Schmidt, damals Bundeskanzler, sprang den Verfassern bei und fand dabei auch bei den Gewerkschaften Unterstützung, die von den „linken Spielereien“, wie er es nannte, zunehmend verunsichert waren.
In den langen Jahren der Opposition nach 1982 verloren die Seeheimer an Einfluss. Die Organisation von innerparteilichen Mehrheiten für Entscheidungen der Regierung war nun nicht mehr notwendig, da die SPD nicht mehr in der Bundesregierung vertreten war. Stattdessen gab es innerhalb der SPD Auseinandersetzungen über den künftigen außen- und sicherheitspolitischen Kurs. Man kritisierte einseitig die USA und relativierte die Abgrenzungs-politik zu den kommunistischen Gruppen und Organisationen in Deutschland. Diesem Trend versuchten einige Seeheimer, mit der Gründung der „Kurt-Schumacher-Gesellschaft“ entgegenzuwirken. Am 27. Mai 1985 wurde unter Vorsitz von Annemarie Renger, die in der Nachkriegszeit eine der engsten Mitarbeiterinnen Kurt Schumachers war, eine Gesellschaft gegründet. Deren Ziel war es, politisch die Erinnerung an die freiheitliche, antikommunistische Ausrichtung der Partei durch Kurt Schumacher wachzuhalten. Annemarie Rengers Nachfolger im Vorsitz der Gesellschaft ist der derzeitige Seeheimer-Sprecher Johannes Kahrs.
In den 80er Jahren intensivierten sich auch die Gespräche zwischen Vertretern der SPD und der SED, die schließlich 1987 zu einem gemeinsam erarbeiteten Papier führten. Nicht nur in der allgemeinen Öffentlichkeit in beiden Teilen Deutschlands sorgte der Text für großes Aufsehen, auch innerhalb der SPD war das Papier umstritten. Die Seeheimer beschäftigten sich auf ihrer Tagung in Bad Honnef im Dezember 1987 eingehend damit. Die meisten Teilnehmer lehnten einen entscheidenden Absatz ab, der mit folgendem Satz begann: „Keine Seite darf der anderen die Existenzberechtigung absprechen.“ Der im März 2005 verstorbene frühere Staatsminister im Bundeskanzleramt, Hans-Jürgen Wischnewski, sagte dazu später: „Ein Sozialdemokrat muss immer ein nicht-demokratisches System in Frage stellen.“ 1987 beteiligte sich der Seeheimer Kreis an der Debatte um eine Fortschreibung des Godesberger Programms. Diese Diskussionen mündeten schlussendlich in das Berliner Programm von 1989. Unter Federführung von Florian Gerster legte der Seeheimer Kreis im Dezember 1987 schließlich den eigenen Entwurf unter dem Titel „Ein Seeheimer Beitrag zur sozialdemokratischen Programmdiskussion“ vor. Das Leitmotiv dieses Entwurfs lautete: „Zentrales Anliegen der Seeheimer ist die Erhaltung – oder Wiedergewinnung – der Mehr-heitsfähigkeit der SPD und ein ausgewogenes Verhältnis von Kontinuität und Wandel in der sozialdemokratischen Programmatik.“
Parallel zu den groß angelegten Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag der DDR am 7. Oktober 1989 gründeten die späteren Seeheimer Stephan Hilsberg und Markus Meckel sowie Martin Gutzeit, Arndt Noack und Ibrahim Böhme die Sozialdemokratische Partei SDP. Nur wenige Monate später, im Januar 1990, benannte sich die SDP schließlich in SPD um. Die Vereini-gung der Ost- und der West-SPD war allerdings noch einer Zerreißprobe ausgesetzt. So droh-te die Ost-SPD den Prozess der Vereinigung abzubrechen, nachdem es in der West-SPD zu Uneinigkeit über den ersten Staatsvertrag, der die Wirtschafts- und Währungsunion regeln sollte, gekommen war, die Ost-SPD dem Vertragswerk aber bereits zugestimmt hatte. Der damalige Kanzlerkandidat Oskar Lafontaine forderte die Ablehnung des Staatsvertrags durch die SPD im Bundestag und drohte gar mit einem Rückzug von der Kanzlerkandidatur. Der Partei- und Fraktionsvorsitzende Hans-Jochen Vogel war in dieser Situation aber nicht bereit, die staatspolitische Verantwortung des Einigungsprozesses wahlkampftaktischen Überlegun-gen unterzuordnen. Mit dieser Haltung vertrat er die Linie der Seeheimer: Im Gegensatz zum linken SPD-Flügel stellten die Mitglieder des Seeheimer Kreises die deutsche Einheit nie infrage. Nur 25 Abgeordnete der Parteilinken lehnten schließlich in der Bundestagsabstimmung den ersten Staatsvertrag zur Wirtschafts- und Währungsreform ab. Frühere SDP-Politiker, darunter Markus Meckel und Stephan Hilsberg, wurden Mitglieder des Seeheimer Kreises.
Personell gestärkt durch die neuen Mitglieder aus der ehemaligen DDR gewann der Seeheimer Kreis zu Beginn der 90er Jahre wieder an Gewicht. Sah man sich durch die Wiedervereinigung doch auch in vielen Positionen bestätigt, die man während der vergangenen Dekade im Hinblick auf die Deutschland-, Sicherheits- und Außenpolitik vertreten hatte. In den Folgejahren hatten die Seeheimer vor allem eines im Auge: den Weg zurück zur Regierungsfähigkeit. Neben den Diskussionspapieren „Unser Weg zur Regierungsfähigkeit der SPD“ und „Chancen zur Mehrheitsfähigkeit der Volkspartei SPD“ aus den Jahren 1992 und 1995 setzten die großen Klausurtagungen „SPD – quo vadis? – Zur deutschen Parteienlandschaft an der Jahrhundertwende“ (November 1994), „Projekt Moderne – Die Zukunft unserer Gesellschaft“ (Oktober 1996) in Tutzing und das Jubiläumstreffen in Seeheim-Jugenheim im Juni 1994 große Akzente. Man sprach sich für eine realitätsnahe, ganzheitliche sozialdemokratische Politik aus, die den Wurzeln der Sozialdemokratie ebenso Rechnung tragen sollte wie den globalen Herausforderungen der Gegenwart. Der „bürokratische Sozialstaat“ sollte einem „sozialen Bürgerstaat“ weichen. Die Diskussionspapiere zeigten Chancen und Perspektiven für eine moderne SPD auf, die sich vor dem Hintergrund einer veränderten weltpolitischen Situation neu positioniert. Kritisch wurde aber vor allem zur Wahlanalyse von 1994 durch den Parteivorstand Stellung genommen. Dieser verkannte u. a. die wirkliche Stammwählergruppe der SPD: die kleinen Leute, für die die SPD immer noch eine Art Schutzmacht darstellte. Die klassischen SPD-Hochburgen waren genau dort zu finden, wo traditionell realitätsorientierte Politik gemacht wurde. Und um eine realitätsorientierte Politik – nicht nur auf kommunaler Ebene – haben sich die Seeheimer immer bemüht. Als Resümee wurden zehn Thesen zur Mehrheitsfähigkeit der SPD aufgestellt, in denen u. a. der Wille zur Übernahme von politischer Verantwortung auch auf Bundesebene, die Rückbesin-nung auf Werte wie Solidarität und soziale Gerechtigkeit sowie auf die traditionellen Wählerschichten und eine intensivere Mobilisierung von Jung- und Nichtwählern gefordert wurden. Der Aufruf an die SPD lautete – so Karl-Hermann Haack, Seeheimer-Sprecher bis 2004 – „Rückkehr zur Realität“ und somit Rückkehr zur Regierungs- und Mehrheitsfähigkeit. Gefordert wurde eine ganzheitliche Politik, die nicht nur auf sogenannte „pressure groups“ Rücksicht nimmt, sondern auf die Interessen der Gesamtheit der Bevölkerung eingeht und somit mehr Alltagserfahrung in die Parteidiskussionen einbringt.
Mit der Übernahme der Regierungsverantwortung 1998 begann für die Seeheimer die wich-tige Aufgabe, den Prozess der Reformpolitik, und hier insbesondere den Umbau des Sozialstaats, konstruktiv zu begleiten. Der damalige Sprecher Karl-Hermann Haack setzte zwei Schwerpunkte in der Arbeit der Seeheimer. So wurde versucht, den „Umbau des Sozialstaats“ nicht allein auf neue finanzielle Rahmenbedingungen hin zu beschränken, sondern auch deutlich zu machen, dass das Projekt ebenso das Thema „Bürokratie“ bearbeiten muss. Der Leitsatz lautete: „Vom bürokratischen Sozialstaat zum sozialen Bürgerstaat“ und die Ein-bettung des Ganzen in den neu zu gestaltenden Rahmen eines europäischen Sozialmodells. Beide Projekte sind inzwischen Inhalte der offiziellen Partei- und Fraktionspolitik geworden.
In der rot-grünen Regierungszeit wurden viele notwendige Reformen durchgesetzt. Abgeordnete des Seeheimer Kreises waren an allen wichtigen Reformprojekten als gestaltende Kraft beteiligt und haben in der Fraktion entscheidend für ihre Durchsetzung gekämpft. Eine der ersten Errungenschaften der ab 1998 SPD-geführten Bundesregierung war die Ökosteuer. Durch die Ökosteuer ist es möglich geworden, ökonomische Leistungskraft mit ökologischer Verträglichkeit und sozialer Gerechtigkeit zu verbinden. Die Ökosteuer hat zur Verringerung der Lohnnebenkosten beigetragen und fördert umweltschonendes Verhalten. Damit konnten Arbeitsplätze geschaffen und gesichert werden.
Ein weiterer wichtiger Reformschritt der Regierung Schröder war die Rentenreform. Durch die Einführung der Riester-Rente wurde es möglich, zusätzlich zur gesetzlichen Alterssicherung eine staatlich subventionierte private Altersversorgung aufzubauen. Mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz hat Rot-Grün dem gesellschaftlichen Wandel Rechnung getragen und ein Zeichen gegen Diskriminierung von Minderheiten gesetzt. Die Steuerreform 2000 markierte schließlich das größte Steuersenkungsprogramm in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.
Um die Schwierigkeiten einer komplexer gewordenen Welt beherrschbar machen zu können, bedurfte es Mut zu Veränderungen. Mit der Agenda 2010 hat die damalige rot-grüne Bundesregierung den Prozess der Erneuerung gewagt und den Mut zur Veränderung bewiesen. Diesen Prozess haben die Seheeimer maßgeblich mit vorangetrieben, wie die Erklärung „Agenda 2010: Reformen für Deutschland“ belegt. Durch sie wurden Reformen zur Stabilisierung der sozialen Sicherungssysteme eingeleitet. Die Seeheimer forderten immer wieder, den Reformprozess nicht abbrechen zu lassen, etwa in ihrem Papier „In der Krise liegt die Chance – Die Sozialdemokratie im Umbruch“ von 2005. Die Investitionen in Bildung und Forschung haben das Land zukunftsfähiger gemacht. Die rot-grüne Bundesregierung hat zudem dazu beigetragen, die Rolle Deutschlands in der Welt neu zu definieren. Die rot-grüne Regierung hat alles getan, um sozialdemokratische Außenpolitik zu verwirklichen. Das Ziel ist eine internationale Ordnung, die auf friedlicher Kooperation der Staaten, dem Völkerrecht, dem Schutz der Menschenrechte und der Sicherung von wirtschaftlichen und sozialen Chancen für alle beruht. Gerhard Schröders konsequentes Nein zum Irakkrieg war ein deutliches Zeichen.
Seit der Neuwahl im Herbst 2005 setzte die SPD die erfolgreiche Regierungsarbeit in der Großen Koalition fort. Die SPD war dabei die gestaltende Kraft. Die SPD-Minister haben bei wichtigen Reformen ausschlaggebende Akzente setzen können. Nachhaltige Projekte wie Wolfgang Tiefensees CO2-Gebäudesanierung, Sigmar Gabriels ökologische Industriepolitik, Ulla Schmidts Gesundheitsreform, die Föderalismusreform sowie die Konsolidierung des Haushalts durch Peer Steinbrück waren einige wichtige Erfolge der SPD. In der Politik der Reformen und der Konsolidierung fand sich auch die Arbeit des Seeheimer Kreises wieder. Das letzte Jahr der Koalition war geprägt vom Kampf gegen die einsetzende Weltwirt-schaftskrise, in deren Sog die Bundesrepublik mehr und mehr geriet. Mit Instrumenten wie der sogenannten „Abwrackprämie“, der Änderung des Kurzarbeitergesetzes und einem breit angelegten Bürgschaftsprogramm gelang es, die Auswirkungen auf die deutsche Volkswirt-schaft verhältnismäßig gering zu halten.
In den Jahren der Opposition nach 2009 versuchten die Sozialdemokraten, das Beste aus der schwierigen Situation zu machen. Während die schwarz-gelbe Regierung, teils durch äußere Einflüsse wie die Finanzkrise oder die Atomkatastrophe von Fukushima, teils durch Probleme mit dem eigenen Personal, von einem „Neustart“ zum nächsten stolperte, beschäftigte sich die SPD vor allem mit Sacharbeit und versuchte auch aus der Opposition heraus, die Politik Deutschlands verantwortungsvoll mitzugestalten. So präsentierte der damalige Seeheimer-Sprecher Garrelt Duin beispielsweise als Mitinitiator ein Papier für eine moderne Industriepolitik, und der Seeheimer Kreis setzte mit einem Buchprojekt zum demografischen Wandel inhaltliche Akzente.
Seit der Bundestagswahl 2013 ist die SPD wieder in der Bundesregierung vertreten. Aus den Reihen der Seeheimer kommen drei Minister: Bundeswirtschafts- und Energieminister Sig-mar Gabriel, Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und Bundesumwelt- und Bauministerin Barbara Hendricks. Alle drei sind für Themen zuständig, in denen Vernunft und Pragmatismus oft die hilfreichsten politischen Eigenschaften sind, und setzen sich dementsprechend für eine Politik, die allen dient, ein – auch wenn ihnen dabei oft Widerstand entgegenschlägt. Ihnen zur Seite stehen zahlreiche Seeheimer in der SPD-Bundestagsfraktion, darunter viele neue Abgeordnete. Die Mitglieder des aktuellen Sprecherkreises sind Doris Barnett, Dr. Karl-Heinz Brunner, Dr. Daniela de Ridder, Karin Evers-Meyer, der Gesundheitsausschussvorsitzende Dr. Edgar Franke, die Sportausschussvorsitzende Dagmar Freitag, Matthias Ilgen, Mahmut Özdemir, die Vizepräsidentin des Bundestages Ulla Schmidt, Stefan Zierke und die Parlamentarische Staatssekretärin Brigitte Zypries. Damit gehen wir mit einem breit aufgestellten Personaltableau in die neue Wahlperiode, in dem erstmals mehr Frauen als Männer vertreten sind und in dem sich auch die neu gewählten Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion von Beginn an aktiv einbringen.
Das erklärte Ziel der Seeheimer in dieser Wahlperiode ist es, wie die Vorgänger aus dem Parlament heraus Programm und Personal der SPD in der Bundesregierung tatkräftig zu unterstützen. Ob im Rahmen unserer öffentlichen Veranstaltungen, unserer Tagungen und Dialogrunden oder im vertrauten Kreis der Abgeordneten – die Seeheimer stehen auch und gerade in der Großen Koalition für eine Politik, die sich den Herausforderungen unserer Zeit ehrlich stellt und dabei die Werte der Sozialdemokratie fest im Blick behält, auch heute noch ganz in der Tradition des Godesberger Programmes.
Ein leistungsstarkes und sozial gerechtes Deutschland – dieses Ziel prägte die Politik der Seeheimer seit jeher, prägt sie heute und in Zukunft!